[DE] ÖPNV-Talk - Berlin und Brandenburg

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  • Es scheint sich nun abzuzeichnen, dass die Investitionsverschleppung im Rahmen der finanziellen Unterstützung zur Beschaffung von neuen Straßenbahntriebwagen im Land Brandenburg zum Teil ein Ende nimmt. Seit 27 Jahren hat das Land Brandenburg, maßgeblich geführt durch SPD und LINKE, nicht einen Euro für die Neubeschaffung von Straßenbahnwagen im gesamten Land Brandenburg eingesetzt. Es gab lediglich in den letzten Jahren erst Zuschüsse an alle Straßenbahnbetriebe und einen O-Bus-Betrieb, die aber insgesamt im geringen einstelligen Millionenbetrag lagen. Diese Mittel wurden per Schlüsselzuweisung über die jeweiligen Streckenlängen an die Betriebe aufgeteilt. Insgesamt bekamen die einzelnen Betriebe einige 100.000 Euro jährlich, die sie - lt. Landesregierung - für Netzinstandhaltung und Neubeschaffung von Straßenbahnwagen einsetzen sollten. Als Beispiel dienen mir hier die Verkehrsbetriebe Brandenburg an der Havel GmbH, die nach Aussage der Landesregierung mit den Schüsselzuweisungen von jährlich 300.000 Euro in absehbarer Zeit neue Straßenbahnen ansparen sollten, wobei eine Bahn allein ungefähr 2,5 bis 3,0 Millionen Euro kostet. Mit ein paar Kenntnissen der Mathematik kann man da relativ schnell feststellen, dass mit 300.000 Euro jährlich erst nach 100 Jahren 10 neue Straßenbahn angespart sind. Anders gesagt müssten die Tatra-Bahnen der Verkehrsbetriebe im Land Brandenburg also im Schnitt insgesamt 130 bis 150 Jahre im täglichen Linienverkehr durchhalten, um das Ziel zu erreichen. Was die Landesregierung hier als "absehbar" beschreibt, kann sie wohl selbst nicht mehr erklären.



    Solaris Tramino aus Jena zu Gast zum Tag der Fahrgäste im September 2016


    Schon in den vergangenen Jahren bekannte man sich in Frankfurt (Oder) zu der Straßenbahn. Die neuen EU-Regelungen zur Mobilität in öffentlichen Verkehrsmitteln sehen ab 2022 eine Barrierefreiheit für alle Fahrgäste als Ziel. Die Stadtverkehrsgesellschaft mbH Frankfurt Oder (SVF), deren Fuhrpark neben einigen AEG GT6M zum überwiegenden Teil aus KT4Dm besteht, kann ab 2022 einen kompletten Niederflurbetrieb nicht mehr gewährleisten. Deshalb hat die SVF bereits im Mai 2015 eine Ausschreibung über 13 neue Niederflur-Straßenbahnen (mit eventueller Option von zwei Fahrzeugen) durchgeführt, obwohl die Finanzierung dieser Bahnen nicht geklärt ist. Eine Ausfinanzierung durch bspw. den städtischen Haushalt der Stadt Frankfurt (Oder) ist in Anbetracht der Höhe der bisherigen Kassenkredite keine Option.



    Auf die SVF kommen Investitionen in Höhe von rund 32 Millionen Euro zu, von denen das Land Brandenburg nun tatsächlich etwas übernehmen will. Aktuell spricht man da von 12 Millionen Euro. Im Rahmen eines folgenden Nachtragshaushalts könnte diese Finanzierung mindestens noch einmal verdoppelt werden auf 24 Millionen Euro, sodass dann etwas weniger von der Kommune selbst getragen werden müssten. Wenn dieses Angebot der Landesregierung stimmt und umgesetzt werden sollte, dann wäre diese Entscheidung ansatzweise wegweisend für die Straßenbahn in Frankfurt (Oder) und auch im gesamten Land Brandenburg.


    Link zu einem Fernsehbeitrag des Frankfurter Fernsehens

  • Ab morgen fährt der IK17 regelmäßig als Zusatzzug zwischen den Planzügen von Frankfurter Allee nach Hönow auf der U5. Nach neuesten Informationen in der Zeit von 8 bis 16 Uhr.

  • Das ist korrekt. Kleine Zusatzinformation: Wohl ab Dezember sollen noch weitere kommen. Einige Facelifts von Hartmann wurden auch schon ausgemustert.


    Um genau zu sein 20 Stück. Diese sollen paar Facelift's ersetzen. Ausgemustert wurde 8614 aufgrund eines Totalschaden, weitere Fahrzeuge wurden nicht ausgemustert und werden auch bis zum erscheinen der neuen nicht, da sonst wieder Wagenmangel herschen würde.

  • Seit Anfang des Jahres 2015 wurde heftig gestritten über die Kreisgebietsreform/Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg, die bereits seit 2011 von der Landesregierung vorbereitet wurde. Im Kern ging es bei dieser um eine Zwangsverordnung über die Zusammenlegung von Kreisen und kreisfreien Städten des bisherigen Systems aus vier kreisfreien Städten (P, BRB, CB, FF) und den vierzehn Landkreisen (PR, OPR, UM, MOL, HVL, PM, TF, EE, SPN, OHV, BAR, LDS, LOS, OSL) zu einer kreisfreien Stadt Potsdam, der Landeshauptstadt und 11 Landkreisen. Alles andere sollte zu Mega-Kreisen zwangsfusioniert werden, indem dann nur noch 11 Landkreise übrig blieben, nämlich Dahme-Spreewald, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming, Uckermark-Barnim, Frankfurt-Oder-Spree, Cottbus-Spree-Neiße, Elsterland-Oberspreewald, Brandenburg-Havelland und Prignitz-Ruppin.


    Was sich wie auf der Landkarte zusammengewürfelt anhört, kam viel anders auch nicht bei der Bevölkerung und den kommunalen Vertretern an. Es bildete sich in kurzer Zeit enormer Widerstand aus allen Reihen, mit dem die Landesregierung, vertreten aus SPD und LINKE, wohl nicht ansatzweise gerechnet hatte. Da man sich in Potsdam nicht darauf berufen fühlte, sich mit den Städten und Kreisen an einen Tisch zu setzen, wollte man diese Reform stur ab 2019 dem Land überhelfen, koste es, was es wolle. Ein Zentralismus aus Potsdam über das ganze Land - so, wie Friedrich der Große es gern gesehen hätte - Potsdam als Perle der Mark im Kern, alles andere Drumherum und eben auf Sparflamme auf den kleinsten Nenner transformiert, um die Administration zu vereinfachen. Dazu gab es sogenannte Regionalkonferenzen, auf denen der Innenminister gebetsmühlenartig die auf dem Papier stehenden Vorteile einer solcher Reform predigte und Kritik von den dort anwesenden Menschen aus den Rathäusern, der Bevölkerung und der Lokalpolitik auf beschämender Weise niedermachte. So wurde dem Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) erklärt, dass es sinnlos wäre, Frankfurt (Oder) kreisfrei zu halten, da lt. Innenminister Karl-Heinz Schröter die Stadt Frankfurt (Oder) [Zitat] "so hässlich sei, dass dort nicht einmal Asylanten bleiben wollen würden". Was sich wie ein schlechter Scherz anhört, war in den letzten 2,5 Jahren in der Brandenburger Politik der tägliche Prozess. Bürgerfern, realitätsfern und ohne konkrete Zahlen wurde die Reform weiter durchgepeitscht, selbst sich abwendende SPD-Mitglieder wurden vom Ministerpräsident unter Druck gesetzt und auf Kurs gebracht.


    Ein Durchziehen dieser Reform hätte erhebliche Nachteile für den ÖPNV in den zu fusionierenden Landkreisen und den dann nicht mehr kreisfreien Städten gehabt - der öffentliche Personennahverkehr wird von allen Landkreisen und kreisfreien Städten als kreisliche Aufgabe übernommen. Wird ein Kreis oder eine kreisfreie Stadt nach der Reform zwangsfusioniert, entfällt gleichzeitig das Recht, einen eigenen ÖPNV zu betreiben. Ferner bestünde ebenfalls nicht mehr das Recht, einen eigenen Verkehrsbetrieb als Eigenbetrieb zu führen. Mit dem Gesetz zur Kreisneugliederung hätten die viele Landkreise und die Städte Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus ihre Verkehrsunternehmen verloren. Eine Bedienung und Finanzierung des ÖPNV in diesen Gebieten wäre in einem großen Kreistag entschieden worden, wobei städtische Belange und lokale Begebenheiten wenig Rücksicht erhalten hätten. Fachkreise gehen davon aus, dass eine Straßenbahn in Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus keine Zukunft mehr gehabt hätte - wenn überhaupt, dann nur mit noch verringerter Größe und einem eindeutigen Reduzieren die Fahrtenanzahl. Man muss davon ausgehen, dass in den beabsichtigten Großkreisen - einige davon sind sogar größer als das Saarland als Bundesland (!) - eine Entscheidung im Kreistag für eine Straßenbahn sehr schlecht Mehrheiten gefunden hätte. Wieso sollten Kreistagsmitglieder im großen Havelland mit der Stadt Brandenburg inne für eine Straßenbahn stimmen, von der sie überhaupt keinen Nutzen haben, da sie selbst in Nauen oder Rathenow wohnen?! Allein im Sommer 2017, als in Potsdam ein Kongress zum Thema Straßenbahn abgehalten wurde, wurden Stimmen von Politikern aus Falkensee laut, die in Potsdam forderten, dass sie, wenn Brandenburg in das Havelland käme, in Falkensee auch eine Straßenbahn haben wollen. Allein diese Diskussion im Sommer in Potsdam zeigte, dass ein Fortbestand einer Straßenbahn in großen Landkreisen aufgrund der Vielzahl an Interessen eine Kröte wird, die erst einmal geschluckt werden muss. Ein leichtes Unterfangen wäre es nicht geworden, vermutlich ohne gravierende Einschnitte auch gar nichts, denn die Entscheidung liegt schwer.


    Am vergangenen Dienstag dann der Befreiungsschlag - die Landesregierung kippt diese Reform und wird sie Mitte November nicht mehr im Landtag durchziehen. Ministerpräsident Woidke lässt davon ab und möchte mit den finanziellen Mitteln, mit denen die Reform finanziert werden sollte (das sind immerhin über 400 Millionen Euro), Infrastruktur und Bildung fördern. Das Ende des wichtigsten Projektes der Regierung und der größte Einschnitt in die Selbstständigkeit des ÖPNV im Land Brandenburg wurde am Mittwoch in einem zweiminütigen Interview auf einem Parkplatz vor einer Möbelfabrik in Meyenburg bekanntgegeben. Damit sind 2,5 Jahre mit großer Unsicherheit vorbei und das System aus vierzehn kreislich-kommunalen Aufgabenträgern im ÖPNV und den vier städtischen Verkehrsbetrieben wird ohne weitere Eingriffe fortgeführt. Möglicherweise werden die Städte und Kreise nun sogar noch finanzielle Vorteile erhalten, die eigentlich als Preis für eine "Einkreisung" mit der Reform zugebilligt werden sollten. Neben einer Teilentschuldung der Städte und Kreise könnte sich auch Geld aus dem Infrastrukturbereich für die Verkehrsunternehmen lockern. Das wäre dann sogar ein doppelter Gewinn.

    :)


    Link zur Absage der Kreisgebietsreform/Verwaltungsstrukturreform: https://www.facebook.com/thors…videos/10210006812913518/
    Link zum Vorschaltgesetz: https://www.dropbox.com/s/v7mp….pdf?dl=0#pageContainer37

  • Jetzt mal eine dumme Frage meinerseits: Ich lese immer Brandenburg an der Havel, Frankfurt Oder und Potsdsm, wie geht es mit Schöneiche, Woltersdorf und Strausberg weiter (im Bezug auf die Straßenbahn) ? Gibt es da Infos ?

  • Bei Straußberg ist die Zukunft recht sicher, diese haben ja neue Flexities und eine modernisierte Tatra, damit sollten sie noch einige Jahrzehnte gut laufen. Bzgl. Schöneiche und Woltersdorf bleibt abzuwarten (vor allem letzteren).


    MfG Waidmannsluster

  • Jetzt mal eine dumme Frage meinerseits: Ich lese immer Brandenburg an der Havel, Frankfurt Oder und Potsdsm, wie geht es mit Schöneiche, Woltersdorf und Strausberg weiter (im Bezug auf die Straßenbahn) ? Gibt es da Infos ?


    Insgesamt bleibt abzuwarten, inwieweit die drohende Barrierefreiheit ab 2022 Einfluss auf den Tramverkehr nehmen wird. In jedem Falle bleibt von dieser Regelung dann - wie bereits gesagt - der Betrieb in Strausberg unberührt. Schöneiche-Rüdersdorf, Potsdam, Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus werden bis 2022 garantiert nicht 100 Prozent Niederflur anbieten können. Darüber hinaus dann wohl auch erstmal nicht, aber am ehesten dann noch Frankfurt (Oder). Dort läuft bereits seit 2015 eine Ausschreibung für neue Straßenbahnen.