Sollte Schwarzfahren bald keine Straftat mehr sein? - Eure Meinungen und Ideen

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  • Sollte Schwarzfahren bald keine Straftat mehr sein? 171

    1. Nein, Schwarzfahren sollte eine Straftat bleiben. (129) 75%
    2. Ja, Schwarzfahren sollte keine Straftat mehr darstellen. (42) 25%

    Hallo,


    ich möchte hier das folgende Thema zur Diskussion stellen: Der deutsche Richterbund fordert derzeit, den Umgang mit Schwarzfahrern zu überdenken. Die angezeigten Fälle überlasten angeblich die deutsche Justiz und belasten somit den Steuerzahler. Die Einordnung des Schwarzfahrens sollte somit nicht mehr als Straftat erfolgen - vielmehr sollen die Verkehrsbetriebe eigenmächtig dafür sorgen, dass der Zugang zu Verkehrsmitteln nur noch für zahlende Fahrgäste ermöglich wird. Der Steuerzahler soll für die gerichtlichen Verfahren für die Schwarzfahrer nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Geht es nach NRW-Justizminister Biesenbach, sollte Schwarzfahren nur noch eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Die Rechtsanwaltskammer argumentiert, dass mit den finanziellen Kürzungen in der deutschen Justiz in den vergangenen Jahren weder Personal noch Ausstattung vorhanden ist, "Schwarzfahrerfälle" entsprechend behandeln zu können. Es wird den Verkehrsunternehmen vorgeworfen, sie würden ihre Angelegenheiten auf den Schultern der Gerichte austragen. Aktuell erfolgt offener Vollzug mit Ersatzhaftstrafen, wenn notorische Schwarzfahrer ihr erhöhtes Beförderungsentgelt nicht zahlen. Diese Maßnahme sowie die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Schwarzfahrer würde entfallen, wenn Schwarzfahren nicht mehr als Straftat eingestuft werden würde.


    Wie seht ihr das? Sollte Schwarzfahren ganz klar eine Straftat bleiben?

  • Ich denke, dass es sinnvoller wäre die Rechte der Verkehrsunternehmen zu stärken und den Staat da tatsächlich etwas rauszunehmen. Ja: Betrug ist auch eine Straftat, aber würde bei solch kleinen Beträgen wahrscheinlich selbst nach paar Malen nicht verfolgt werden - warum macht man es dann bei Schwarzfahrern?



    Und es wird nicht dafür sorgen, dass Leute mehr oder weniger ohne gültigen Fahrschein fahren. Würde man aber bspw. Verkehrsunternehmen das Recht geben ein gestaffeltes erhöhtes Beförderdungsentgelt zu verlangen, könnte man noch eher Schwarzfahrer abhalten - weil großartig Angst vor Strafverfolgung brauchen sie ja eh nicht zu haben.


    Eine derartige Staffelung könnte bspw. so aussehen (von den Maximalwerten her, es sollte den Unternehmen offen stehen wie sie es genau handhaben):
    Ersttäter: max. 60€
    Zweite und dritte Tat: max. 120€
    bis zur zehnten Tat und anonyme Barzahler generell (falls die das machen wollen): max. 300€
    ab der zehnten Tat: max. 500€


    Selbst wenn man das Geld nicht kriegt und die Leute nur in die Privatinsolvenz treibt, ließe sich dmait wahrscheinlich mehr machen als mit dem Wissen: "Selbst wenn ich 10 mal erwischt werde, komme ich wahrscheinlich 8 mal mit Barzahlen raus und zwei Mal nehmen se meine Daten auf, weil der Kontroleur sich an mich erinnert und mich nicht Barzahlen lassen will - da hab ich dann halt bisschen Geld los, aber bin wahrschienlich billiger dran als mit Fahrkarte so selten wie kontrolliert wird und strafrechtlich gibts noch net mal ne Anzeige".


    Zusätzlich würden die Verkehrsunternehmen mehr Einnahmen durch Schwarzfahrer machen, könnten somit mehr Kontrolleure einstellen. Damit würde auch die Gefahr erwischt zu werden steigen, was bei gleichzeitig höherem EBE sicherlich zu einem Rückgang der Schwarzfahrer führen würde. Und wer mal einen Fahrschein vergisst, zahlt auch nicht mehr als vorher. Natürlich sollte man bspw. ab der letzten Tat ne Frist von 6 oder 12 Monaten gelten lassen, ab der man dann wieder als Ersttäter gilt.

  • Klar sollte es eine Straftat bleiben, ansonsten könnte man ja bspw den Ladendiebstahl genauso handhaben und sagen, dass sich EDEKA, NETTO, etc selbst darum zu kümmern haben. Die arme, deutsche Richterschaft kann einen schon leidtun

    :rolleyes:
  • Hmm ich weiss ja nicht...

    :whistling:


    Grundsätzlich finde ich die Idee nicht schlecht. Bei den meisten notorischen Tätern handelt es sich sowieso bestimmt um ein Klientel bei denen nichts zu holen ist.
    Wenn also die Verkehrsbetriebe ihrem Geld hinterher rennen müssen werden sicher einige Inkasso Unternehmen beauftragt. Diese wollen auch wieder ihr Geld einholen. Daraus folgt dann nach einiger Zeit nach zig erfolglosen Versuchen die Eintreibung per Gerichtsvollzieher und den zahlt dann auch wieder der Steuerzahler...

    :S

    Also werden wir uns wohl weiter im Kreis drehen. Der dumme sind dann am Ende wieder wir.

    X(


    Grüße, Jerry

  • "Schwarzfahren" oder im Fachjaggon "Erschleichen von Leistungen" wurde eingeführt, um die
    Fälle zu erfassen, die nicht unter den Betrug fallen. (bspw. wegen mangelnden Irrtums oder Vermögensschadens)
    An sich somit Strafbarkeitslückenschließung. Meine Meinung dazu werde ich heute Abend
    oder morgen mal kundtun.


    Nun erstmal zum Warmwerden, sodass solange auf hohem Niveau diskutiert werden kann.
    Das Fahren ohne Fahrschein ist nur dann ein Fall des 265a, wenn es auch erschlichen wird.
    Zum Erschleichen hat der BGH ausgeführt, dass es nur dann vorliegt, wenn sich der ohne Fahrschein
    fahrende mit dem Umstand der Ordnungsmäßigkeit umgibt, also auf Laiendeutsch
    so tut, als hätte er einen Fahrschein.
    Bitte beachtet das bei der Diskussion ein wenig. Ich will niemandem was vorschreiben,
    aber ich weiß, wohin das sonst wieder führt.


    Also kleiner Merksatz: Fahren ohne Fahrschein nach derzeitiger Gesetzeslage
    nur strafbar, wenn man sein "Schwarzfahren" auch bewusst vertuschen will.
    Auf das Erschleichen und das Nichtentrichten des Fahrgelds muss natürlich der
    Vorsatz gerichtet sein. Beim Nichtentrichten sogar dolus directus 1. Grades (Absicht)
    Der Vorsatz stellt jedoch das kleinere Problem dar. Aber denkt auch ans Erschleichen.


    In diesem Sinne erstma fröhliches Meinungsaustauschen.

  • Ich denke, man sollte differenzieren, warum jemand schwarzfährt. Ist es der arme Hartz IV-Empfänger, der am Monatsende einen Termin beim JobCenter hat, dort erscheinenmuss, damit der Geldhahn nicht ganz abgedreht wird, der aber eben kein Geld mehr für die Busfahrt hat (grade in ländlichen Regionen ist das JobCenter auch gern mal 15km entfernt). Oder ist es einfach jemand, der kein Bock hat zu zahlen. Ein Rechtsstaat sollte doch auch differenzieren können. Der Hartz-IV Empfänger macht es ja in dem Falle nicht aus Boshaftigkeit.


  • Also kleiner Merksatz: Fahren ohne Fahrschein nach derzeitiger Gesetzeslage
    nur strafbar, wenn man sein "Schwarzfahren" auch bewusst vertuschen will.


    Das stimmt nicht. Es gibt genug Urteile in denen auch "offensichtliche Schwarzfahrer" verurteilt wurden. Dabei waren Klassiker wie der laut vorgetragene Satz: "Ich fahre schwarz!" oder das T-Shirt mit passendem Aufdruck.



    Was bringt die Unterbringung der Schwarzfahrer im Knast? Das kostet nur Unsummen an Kohle. Lieber sollte man sie zu gemeinnützigen Arbeiten ranziehen.

  • Nur weil andere Leute deshalb verurteilt werden, heißt es nicht, dass sie wg 265a verurteilt wurden.
    Und wenn doch: Gerade AGs machen gerne Fehler. Hier kann sich keine Berufung geleistet werden,
    obwohl sie vielleicht angebracht wäre.


    Das Erschleichen erfordert nach wie vor eine Art Verschleierungshandlung.
    Wie du sie konstruierst, ist Auslegungssache. Bei den T-Shirts dürfte die Verurteilung somit auch
    zivilrechtlicher Natur sein oder es gab auch n Fall wo der mit dem T-Shirt fest davon ausging,
    dass dort keine Kontrolleure kommen und dann verdeckt er dadurch...

  • Ich denke, man sollte differenzieren, warum jemand schwarzfährt. Ist es der arme Hartz IV-Empfänger, der am Monatsende einen Termin beim JobCenter hat, dort erscheinenmuss, damit der Geldhahn nicht ganz abgedreht wird, der aber eben kein Geld mehr für die Busfahrt hat (grade in ländlichen Regionen ist das JobCenter auch gern mal 15km entfernt).


    Naja, auch der Hartz IV-Empfänger bekommt anteilsmäßig Geld für diese Fahrten.
    Differenziert werden sollte aber bei Bußgeldern. Pauschale 60 Euro sind für eine Person viel Geld, eine andere lacht darüber.


    Wenn der Justiz Leute fehlen, dann muss sie eben welche einstellen. Dazu muss Geld in die Hand genommen werden.

  • Dass die Justiz einen Personalmangel hat, ist ja nichts Neues. Deshalb darf aber nicht einfach das Schwarzfahren zur Ordnungswidrigkeit "herabgestuft" werden, nur damit die Bürger weniger Steuern zahlen müssen. Es dürfen auch nicht alle Zuständigkeiten auf die Verkehrsunternehmen "abgeschoben" werden, denn es ist nun mal Aufgabe des Staates, für die Einhaltung gewisser Regeln zu sorgen. Das wäre auch ein falsches Signal und würde eher dazu führen, dass noch mehr Leute schwarzfahren, da es ja "keine Straftrat mehr ist". Eine Differenzierung wäre zwar sehr sinnvoll, ist aber wahrscheinlich nur schwer umsetzbar und würde deutlich mehr Aufwand für die sowieso überbelastete Justiz bereiten. Also: Nein, Schwarzfahren sollte auf jeden Fall eine Straftat bleiben. So weit meine Meinung, auch wenn ich jetzt nicht Jura studiere und mit irgendwelchen Gesetzen um mich werfen kann.

    ;)
  • Naja, auch der Hartz IV-Empfänger bekommt anteilsmäßig Geld für diese Fahrten.
    Differenziert werden sollte aber bei Bußgeldern. Pauschale 60 Euro sind für eine Person viel Geld, eine andere lacht darüber.


    Wenn der Justiz Leute fehlen, dann muss sie eben welche einstellen. Dazu muss Geld in die Hand genommen werden.


    Dennoch gehört eine Differenzierung dazu, ob es jemand aus Boshaftigkeit bösem Willen, oder einfach keiner Lust zu zahlen tut, oder aus der Not heraus.

    Einmal editiert, zuletzt von James O'Neill ()

  • Ich finde, dass es eine Straftat bleiben sollte und das das erhöhte Beförderungsentgeld auch angezogen werden sollte.


    1. Mal: 20€+doppelter Fahrpreis
    2. Mal: 100€+doppelter Fahrpreis + Anzeige
    3. Mal: 400€+doppelter Fahrpreis + Anzeige
    4. Mal: 1 Monat Haft
    5. Mal: 6 Monate Haft


    Die Strafen müssen wehtun, sonst kommt das nicht an.


    Und Hartz4er sollten 50% Rabatt auf das Ticket kriegen

  • kvgtobi, das nennt sich dann Sozialticket, dass was CDU und FDP im Westen neulich abschaffen wollten (und glorreich vergeigt haben). Ich bin auch der Meinung dass es bei der jetzigen Einstufung bleiben sollte, man aber die Strafen ändern sollte. Wie schon gesagt, jemand mit mehr Geld macht sich daraus nichts, der wird das einfach zahlen und schon ists vergessen. Die Idee mit der Sozialarbeit ist da ein wie Ich finde guter Ansatz. Und vielleicht sollte der Staat dann auch mehr Geld für die Justiz haben, damit sie nicht überlastet ist. Aber da wären wir wieder bei solchen Sachen wie Steuern und da will ja jeder am liebsten alles für nichts...


    MfG Waidmannsluster

  • Wobei bvgtobis Ansatz da wesentlich weiter greift. Im Land Brandenburg kann nämlich das "Sozialticket" nur für bis zu drei Kreisen (LK resp. kreisfr. Stadt) erworben werden. Müssen Sozialhilfeempfänger diesen Bereich verlassen, dürfen sie draufzahlen. Und nach Berlin kommen sie damit erst recht nicht. Informationssuche bzw. ein Praktikum oder Probearbeiten für einen neuen Job in Berlin fällt von den Fahrkosten her also in voller Höhe in ihre eigene Verantwortung. Hier ist also ein bundeseinheitlicher Ansatz gefragt, der abgelöst von irgendwelchen Kreisstrukturen sozialschwache Menschen mobil macht. Dazu käme dann natürlich eine vernünftige Ausfinanzierung von Seiten des Bundes. Hier kann nämlich keiner erwarten, dass die Verkehrsbetriebe für die Beförderung der Sozialschwachen draufzahlen müssen. Dafür sind weder die Aufgabenträger des ÖPNV (Stadt/Kreis) noch die Landesregierungen verantwortlich. Zahlen sollten die, die die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Deutschland führen. Nämlich die Bundesregierung. In den letzten Jahren durfte man ja zunehmend beobachten, wie diese die Verantwortung für die Sozialhilfe zunehmend den Städten in die Schuhe schob gemäß dem Motto: "Für eure Sozialfälle seid ihr selbst verantwortlich!"

  • Also ich habe leider das Bild momentan nicht parat, aber die TEC aus Belgien hat erst mal schon höhere Strafen an Busgeld als wir und auch
    das sich das an der Anzahl der Vergehen erhöht. Und ich finde es ist und bleibt eine Straftat, da sich eine Leistung für die bezahlt werden soll
    bzw. muss, nicht bezahlt wird. Ganz einfach. Dann gehe ich demnächst auch einfach ins Kino, bezahle ein mal und gehe in mehrere Filme,
    obwohl ich nur einen bezahlt habe. Ist auch Betrug und ein erschleichen von Leistung.


    kvgtobi: Erst mal 20€ für das erste mal ist echt seeeeeeehr wenig. Das kann von mir aus schon wer weiß wie hoch sein, damit man noch weniger
    den Anreiz hat überhaupt erst schwarz zu fahren, denn wenn man dann schon erwischt wird, uiuiui. Und mal zu deinem "doppelter Fahrpreis":
    Nehmen wir mal an jemand möchte von (ich nehme mal ein Beispiel aus NRW und dem VRR [Verkehrsverbund Rhein-Ruhr]) Dortmund nach Düsseldorf.
    Wäre in dem Fall Preisstufe D. Einzelfahrt hier 15,30€. Gefahren wird mit dem RE. Fahrtenverlauf wäre: Dortmund, Bochum, Wattenscheid, Essen,
    Mühlheim, Duisburg, Düsseldorf Flughafen, Düsseldorf HBF. Fahrzeit eine gute Stunde. Jetzt stell dir vor der Schaffner kommt erst nach dem Halt
    Duisburg bei dir rum. jetzt wäre es nach Düsseldorf nur noch Preisstufe B, also 5,90€ für eine Einzelfahrt. Merkste was? Kontrollieren wann du eingestiegen
    bist kann hier keiner, somit ist der Punkt "doppelter Fahrpreis überfällig.

  • Solange es keine zentrale Nahverkehrsabgabe gibt dafür, dass für jeden der Nahverkehr vorgehalten wird muss man zahlen. Tut man das nicht und wird erwischt, kann der VB die 60€ erheben.


    Eine Anzeige gegen Leistungserschleicher erscheint mir nur im mehrfachen Wiederholungsfall sinnvoll, man muss nicht jeden direkt voll "abklatschen".


    Auch halte ich die Einstufung als Ordnungswidrigkeit nicht für abwegig da ich durchaus finde, dass man das schon so als solche definieren kann. Es entsteht allenfalls ein wirtschaftlicher Schaden der im Einzelfall nicht mal riesig ist, daher kann man sowas wie ich finde nicht so behandeln wie Fälle in denen es -überspitzt ausgedrückt- um Mord und Totschlag geht.

  • Und so sollte es auch bei Bußgeldern sein.


    Das geht schlicht einfach nicht, da Bußgelder von Behörden nach einem einheitlichen Bußgeldkatalog geahndet werden, da steht drinnen wie viel das kostet und zudem würde das nochmal einen erhöhten Verwaltungsaufwand haben.
    Und Geldstrafen werden vom Gericht festgelegt nach dem StGB zumal die Straftaten auch keine so kurzen Verjährungen haben, wie Ordnungswidrigkeiten.