Der neue Stadtbus kommt aus Tschechien
Die Römerberger Verkehrsbetriebe nehmen ihren Bus der neuesten Generation in Betrieb - wir sind schon eine der ersten Runden darin mitgefahren
Römerberg - Kalt und dunkel ist es noch, als am frühen Montagmorgen ein knallweißer, noch ladenneu aussehender Autobus an den Bussteig am Busbahnhof rollt. Zischend öffnet sich die Schwenktüre an der Vorderseite, und wir steigen ein. Freundlich werden wir begrüßt von Arnolf Reicheneder, dem Leiter der Römerberger Verkehrsbetriebe, und vom Busfahrer Herrmann Muck - es ist die erste Runde an diesem Morgen, gleich wird es auf der "Schnellbuslinie", wie die 620 genannt wird, über die Innenstadt nach Zavelstein gehen. Das besondere an diesem Morgen auf dieser Linie ist jedoch der Bus. Gerade frisch aus Tschechien geliefert kommt er, und heute fährt er das erste mal im Fahrgasteinsatz. "Wir wollen heute morgen schauen, wie sich der Bus im Einsatz so macht, und ob es unvorhergesehene Probleme gibt - deshalb sind wir heute auch zweit unterwegs", sagt Reicheneder, der - trotz seines hohen Ranges im Betrieb - sich nicht scheut, auch mit Hand anzupacken. "Eigentlich ist das heute die 'Generalprobe'. Wir lassen den Wagen heute auf verschiedenen Diensten laufen, und haben zur Not auch immer einen heißen Draht per Funk an die Werkstatt, falls es Schwierigkeiten geben sollte".
Momentan sieht es nicht danach aus, der Motor schnurrt leise vor sich hin, und so gleiten wir langsam vom Gelände des Busbahnhofs, an dem jetzt, um kurz vor fünf, noch nichts los ist. "So um sieben, wenn die Schüler hier aussteigen, und die Pendler noch dazu, dann ist bei uns was geboten - da ist alles draußen, was rollt", erwähnt der Chef mit einem Augenzwinkern - "da kann's schon auch einmal stressig werden, wenn's sich irgendwo zwickt" ergänzt Muck.
Mittlerweile erreichen wir die erste Haltestelle am Rathaus, und zwei weitere Gäste steigen zu. Sie kennen den Fahrer, sind Stammfahrgäste auf dieser Frühlinie. "Ich arbeite in einem Verbrauchermarkt in Zavelstein, da geht's schon sehr früh los" meint einer von ihnen. Auch ihm ist aufgefallen, dass der Bus neu ist - bemerkenswert findet er die buckelige Dachkonstruktion, und hat gleich einen Spitznamen parat - "der Kamelbus". "Der "SOR"-Bus hat eine sehr auffällige Dachform. Wie Sie sicherlich bemerkt haben, ist der vordere Teil ausgelegt für Fahrgäste mit Gehwagerl oder Bewegungseinschränkungen, eine Rampe ist auch da. Hinten geht's ein paar Stufen rauf, und man kann höher sitzen. In Fachkreisen heißt das "Low Entry"..." ergänzt Reicheneder, der sichtlich Vergnügen daran findet, dass die Mitfahrer die Vorzüge des neuen Fahrzeuges zu schätzen wissen. "Diese Eigenheit bringt entscheidende Vorteile - wir haben im Bus etwa ein Drittel mehr Plätze als in unseren alten Bussen. Für die Klimatisierung steht eine leistungsfähige Heizung zur Verfügung, im Sommer gibt's Frischluftzufuhr über Fenster und das Dach." Eine automatische Anzeige listet die nächsten Halte auf, und für Fahrten durch die Nacht gibt's eine dimmbare Innenausleuchtung.
"Allmählich wird's eng bei der Ersatzteilversorgung für die alten Linienbusse - da müssen wir uns nach Ersatz umschauen. Zugleich wendet sich auch der Linienverkehr dank unserer vorbildlichen Umweltpolitik im Römerberger Land immer mehr zu sauberen Energien. Das ist auch der Grund, warum wir uns den "SOR" zugelegt haben - er hat einen besonders umweltfreundlichen Euro5-Dieselmotor und ist so eingestellt, dass er sehr spritsparend fährt. Zugleich ist der Bus sehr kostengünstig, weshalb wir dieses Fahrzeug sehr günstig betreiben können. Trotz der Tatsache, dass dieser Hersteller in Deutschland sehr wenig vertreten ist, und in unserem Landkreis bis dato noch überhaupt nicht auftauchte, sind wir - nach den ersten Probefahrten und einer technischen Einweisung des Fahr- und Werkstattpersonales bisher sehr überzeugt. Und ein weiterer Pluspunkt dieses kleinen Unternehmens ist" - fügt Reicheneder nach kurzer Pause hinzu - " dass man sich dort in der Lage zeigt, Fahrzeuge mit ausgereiftem Hybrid- oder gar Elektroantrieb auf die Straße zu bringen". Somit habe man alle Optionen offen, wie man in Zukunft durch Römerberg fahre.
Dennoch gäbe es derzeit kleine Probleme im Detail, so Fahrer Muck - der Wagen ist länger als die bisherigen "MAN"-Busse, sodass man insbesondere im Stadtverkehr Römerberg besonders auf alle Ecken achten müsse. Das neue Informations- und Kassensystem arbeite noch nicht ganz so, wie man es sich wünschte, und der Arbeitsplatz vom Busfahrer ist nicht ganz so ergonomisch und variabel, wie das von anderen Linienbussen bekannt sei - "dennoch" so Muck "macht das Fahren mit diesem Wagen sehr viel Freude. Die Lenkung arbeitet sehr direkt, die Türen sind zackig, und der Bus an sich ist sehr übersichtlich dank der großen Front- und Seitenscheiben, sodass man jederzeit einen guten Überblick hat."
Mittlerweile sind wir in Zavelstein angekommen, die anderen beiden verabschieden sich herzlich vom Fahrer, und auch von Reicheneder, der sich mittlerweile zufrieden in seinen Sitz zurückgelehnt hat. "Eins ist sicher", so meint er, "wenn das Fahrzeug weiterhin so gut ankommt, und auch künftig so zuverlässig fährt, wie bisher, dann haben wir hiermit unseren neuen Hauslieferanten gefunden" - und das hat der Busbetrieb sehr nötig, denn der bisherige Traditionslieferant Göppel ist Insolvent, "und andere Marken konnten uns mit ihrem Angebot bisher nicht überzeugen".
Wir werden also den "Kamelbus" wohl zukünftig öfter durch das Römerberger Land fahren sehen. - Wer ihn selbst als Fahrgast einmal testen möchte: der Bus hat einen eigenen Fahrplan, der im Internet auf den Seiten des Römerberger Verkehrsverbundes abrufbar ist (VRR.de) - er fährt auf fast allen Linien unter der Woche zu unterschiedlichen Zeiten.
Und so schaut der neue Wunderbus aus - der "SOR CN12" auf einer Präsentationsfahrt durch Römerberg, hier mit Reicheneder selbst in voller Uniform am Steuer, links im Bus zu sehen ist die SOR-Deutschland-Generalimporteurvertretungs-Mitarbeiterin Petra Wenderlin.