Die drei Verkehrsunternehmen haben sich schon vor und während der Ausschreibung Unterstützung durch eine Rechtsanwaltskanzlei mit Spezialisierung auf Vergabeverfahren geholt. Dahingehend waren sie natürlich gut beraten.
Aber man muss das natürlich verstehen: Möglicherweise geht es bei der endgültigen Entscheidung um Nuancen, teilweise um Cent-Beträge bei den Kaufpreisen der Züge oder bspw. um minimal unterschiedliche Verschleißgrenzen der Ersatzteile. Solche Unterschiede werden gewichtet und fließen mit ein in die endgültige Entscheidung. Sobald du irgendwas gewichtest oder evaluierst (was halt nicht anders geht), ist es sofort subjektiv und gibt Anlass für Beschwerden. Und überhaupt: Das ist ein ordentlicher Deal, der hier über die Bühne geht. Für 45 Fahrzeuge sind die Verkehrsbetriebe bereit insgesamt gut 135.000.000 Euro zu zahlen. Solche Aufträge sind für europäische Hersteller sehr wichtig. Erst recht, weil auch nochmals viel Aftersale da hinten dran hängt. Die drei Verkehrsbetriebe wollen ja zukünftig dann mit dem Hersteller zusammen ein gemeinsames Ersatzteillager entwickeln, sodass jeder Verkehrsbetrieb immer und jederzeit zügig auf Ersatzteile für die neuen Bahnen zugreifen kann. Das wäre ebenso ein weiterer Pluspunkt, warum man diesen Auftrag haben möchte.
Ich habe ein paar Insiderinformationen erhalten. Aber auch ich weiß nicht, welcher Hersteller nun favorisiert wurde und welcher nun gegen diese Entscheidung klagt. Bekannt ist mir, dass im Abstimmungsprozess mindestens ein deutscher Hersteller unterlag, ebenso wie auch ein polnischer Hersteller. Darüber hinaus war mir bekannt, dass unter den bietenden Herstellern auch ein Chinesischer ist. Ob dieser auch bei der Auswahl scheiterte, ist mir hingegen nicht bekannt.
Die SVF aus Frankfurt (Oder) hatte bereits im Jahre 2015 neue Straßenbahnen ausgeschrieben, die aber nicht bestellt wurden, weil zu dieser Zeit die Finanzierung unklar war. Damals erlangte Solaris mit dem Tramino den Zuschlag. Diese Auftragsbindungsfrist wurde dann zweimalig von Solaris bis in das Jahr 2017 verlängert. Da die SVF auch dann nicht bereit war, verbindlich diese Züge zu bestellen und auch abzunehmen, gab Solaris das Angebot zurück. Aufgrund von Kostensteigerungen hätten sie den vereinbarten Preis nicht länger aus wirtschaftlichen Gründen garantieren können, ohne selbst einen Verlust zu erlangen.
Wer noch einmal einen Blick in die aktuelle Ausschreibung und in die technischen Details werfen möchte:
Anlage+A+-+Lastenheft+Teil+A+Teil1.pdf
Anlage+A+-+Lastenheft+Teil+A+Teil2.pdf